Steven Soderbergh und MoviePass fordern Hollywood heraus

Nach dem schleppendsten Kinosommer der letzten 16 Jahre müssen sich die Filmstudios die Frage stellen, wie es weitergehen soll.

Kinobesucher sind gelangweilt von Computeranimationen und ausufernden Filmreihen. So wurde der Sommer zu einem finanziellen Reinfall für die Hollywood Studios. Der Ticketverkauf ging in den Sommermonaten um 10,8% und im ganzen Jahr um fast 3% zurück.  Nur der Film „Es“ lässt Kinobetreiber hoffen.

Steven Soderbergh, bestens vertraut mit den Mechanismen in Hollywood, brachte seinen jüngsten Streifen „Logan Lucky“ selbst heraus, ohne die Hilfe eines Filmstudios. Er brach mit der traditionellen Vorgehensweise. Der Film mit einem Budget von 29 Millionen Dollar spielte weltweit mehr als 35 Millionen ein. Durch den Verkauf der Verleihrechte außerhalb der USA wurde das Geld für seine Produktion zusammengetragen. Das Marketing-Budget wird von Streaming-Diensten wie Amazon finanziert.

Soderbergh, der aus Frust über die Filmindustrie 2013 in Rente ging, kehrte mit „Logan Lucky“ auf den Regiestuhl zurück. Die Gaunerkomödie erzählt von zwei Brüdern, die einen Raub während des größten NASCAR Rennens in North Carolina durchziehen wollen. Die Rückkehr des Regisseurs geschah zu seinen Bedingungen, er behielt die volle kreative und finanzielle Kontrolle.

„Ich will nicht, dass Filmstudios mit ihren dreckigen Pranken nach meinem Geld greifen. Und ich will die komplette Kontrolle über die Vermarktung meiner Filme,“ sagte Soderbergh. Eine bedeutsame Entwicklung, die die traditionelle Herstellungs- und Veröffentlichungsweise der Filmindustrie hinter sich lässt, und für deren Erfolg die geringe Summe spricht, die für die Vermarktung von “Logan Lucky” ausgegeben wurde. Die großen Filmstudios schreiben Rechnungen von etwa 40 Millionen Dollar für die Vermarktung eines großen Films. Von jedem verkauften Ticket erhalten sie etwa 15% des Preises und ziehen davon ihre Ausgaben ab. Was übrig bleibt, erhält der Besitzer des Films. Das bedeutet, dass immense Marketing-Gebühren berechnet werden, obwohl dies gar nicht nötig wäre, nur um den eigenen Gewinn in die Höhe zu treiben.

“Mir ist klar, warum sie gegen neue Ideen sind,“ erklärt der Filmemacher der „Ocean’s 11“-Reihe in einem Interview mit der „New York Times“. „Wenn soviel Geld auf dem Spiel steht, dann ist es schwierig, ins kalte Wasser zu springen und eine neue Herangehensweise auszuprobieren.“

Außerdem ist es praktisch unmöglich, Studios dazu zu bringen, ihre Marketing-Techniken zu ändern. Es ist eine gut geölte Maschine, ähnlich wie die Produktionskette bei Audi. Das System wird nicht angehalten, und da es nicht krankt, warum dann etwas ändern? Allerdings werden 2017 erste Risse sichtbar. Niemals zuvor hat es in der Entertainment-Geschichte so eine hochwertige Auswahl an Filmen gegeben. In Hollywood stellte man sich langsam die Frage, wie es weitergehen soll, angesichts von Streaming-Diensten und dem Wunsch von Regisseuren und Schauspielern, aus dem engen Korsett der Filmstudios auszubrechen.

Steven Soderbergh and MoviePass challenge the studio system

MoviePass bereitet AMC Kopfschmerzen

Ein weiterer Punkt, der viele Bosse von Filmstudios und Verleiher in ihren Armani-Anzügen ordentlich ins Schwitzen bringt, ist das neue Abo-Angebot von MoviePass. Seit dem 15. August können Abonnenten für 10 Dollar monatlich jeden Tag ein Kinoticket bekommen.  AMC, der größte amerikanische Kinobetreiber, sagte vor kurzem, er wolle verhindern, dass Moviepass-Abonnenten in seinen Kinos Tickets bekommen. Die Strategie sei schädlich für die Filmindustrie, Kinobesucher, Filmemacher und für MoviePass selbst, hieß es weiter.

Manche meinen jedoch, AMC habe selbst ein ähnliches Abo auf den Markt bringen wollen.

Der Chef von MoviePass und Mitbegründer von Netflix Mitch Lowe dürfte mit den Aussagen von AMC nicht ganz einer Meinung sein, nachdem allein letzte Woche 400.000 neue Abonnenten hinzukamen. MoviePass bezahlt den vollen Ticketpreis und macht deshalb noch Verluste, hofft aber auf genügend Abonnenten, um am Ende Gewinn zu machen.

„Das Abo ist ein Gewinn für die Filmindustrie. Kinobetreiber bekommen den vollen Ticketpreis bezahlt. Der Kunde geht mit mehr Geld ins Kino, das er dann für Essen und Getränke ausgeben könnte. Das wiederum ist ein Gewinn für die Kinobetreiber,“ erklärte der Experte Eric Wold von B. Riley & Co. in einem Interview mit der „New York Post“.

Ana Victoria Torres

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